
Benin-Bronzen werden Privatbesitz des Oba: War das der Sinn?
Afrikas Welterbe wird Privatbesitz: Der scheidende nigerianische Staatspräsident hat sämtliche Benin-Bronzen an die Königsfamilie in Benin City übertragen. Jetzt zeigt sich, wie verfehlt die übereilte Rückgabe durch deutsche Museen gewesen ist. Ein Gastbeitrag.
Es gibt Staaten und Regierungsvertreter, bei denen man mit Vorsicht walten sollte. Das muss nun auch Grünen Bundesaußenministerin Annalena Baerbock feststellen.
Mit einem feierlichen Staatsakt hatte sie vor wenigen Monaten die als sogenannte „Raubkunst“ geltenden „Benin-Bronzen“ an Nigeria zurückgegeben. Die wertvollen Kunstwerke sollten in einem von Deutschland mitfinanzierten Museum ausgestellt werden. Doch nun befinden sich die Schätze offenbar in Privatbesitz.
Bei den „Benin-Bronzen“ handelt es sich um mehr als 5000 Reliefs und Skulpturen aus Messing, die einst zwischen dem 13. und 18. Jahrhundert im Königreich Benin im heutigen Staat Nigeria entstanden sind. Sie wurden ab dem 15. Jahrhundert vor allem aus kupfernen Armreifen hergestellt, die von portugiesischen Händlern als Zahlungsmittel unter anderem für Sklaven und Elfenbein verwendet wurden. Später wurden sie während der Kolonisation Afrikas durch das Vereinigte Königreich als sogenannte Beutekunst nach Europa und in die USA verkauft. Über 1000 Objekte befanden sich seither in Deutschland in Museen, die meisten davon in Berlin. Im Dezember vergangenen Jahres dann wurden 1130 kostbare Benin-Bronzen per Staatsakt von Grünen Außenministerin Baerbock und Grünen Kulturstaatsministerin Claudia Roth in der nigerianischen Hauptstadt Abuja feierlich übergeben. Dort sollten dann die Kunstwerke in einem Museum ausgestellt werden, hieß es. Auf der Homepage des Museums, dessen Bau die Bundesregierung, nein, der deutsche Steuerzahler, mit mehreren Millionen Euro unterstützt, wird angekündigt, es werde „die weltweit größte Sammlung von Benin-Bronzen beherbergen“. Ein symbolischer Wiedergutmachungsakt Deutschlands an die nigerianische Bevölkerung. Doch ob das nigerianische Volk die Bronzen jemals zu Gesicht bekommt, ist nicht mehr klar. Denn die Rückgabe endet in einem Fiasko. Nun wurde nämlich bekannt, dass der scheidende nigerianische Staatspräsident Mohammedu Buhari bereits im März 2023 die Bronzen aus dem historischen Königreich Benin an den Nachfolger der Könige von Benin, König Oba Ewuare II., übereignet hat, das derzeitige Oberhaupt der Königsfamilie. In Deutschland machte die Schweizer Wissenschaftlerin und Ethnologin Brigitta Hauser-Schäublin auf diesen Vorgang aufmerksam und stellt fest: „Mit der Eigentumsübertragung an den Oba endet die deutsche Politik, sämtliche Benin-Bronzen aus deutschen Museen an den nigerianischen Staat zu übergeben, „in einem Fiasko“.“. In der am 23. März 2023 veröffentlichten offiziellen nigerianischen Bekanntmachung mit dem Titel „Notice of Presidential Declaration“ heißt es: „Nach dem vorgeschlagenen Gesetz müssen alle Artefakte an den Oba von Benin übergeben werden, der die Rechte des ursprünglichen Eigentümers ausübt. Dies gilt sowohl für die bereits zurückgegebenen als auch für die noch nicht zurückgegebenen Gegenstände.“. Weiter heißt es in der Erklärung, es sei dem Oba überlassen, was er künftig mit den Artefakten macht: Er könne sie in seinem Palast aufbewahren oder an jedem anderen Ort in Benin-Stadt oder anderswo, den der Oba und die nigerianische Regierung als sicher erachten. Damit wären die Benin-Bronzen womöglich den Augen der Öffentlichkeit, also dem nigerianischen Volk, von dem Annalena Baerbock sprach, entzogen. Es heißt zwar offiziell, dort solle ein Palast-Museum gebaut werden, aber ob dieses Privatmuseum dann auch für die Öffentlichkeit zugänglich ist, ist fraglich. Und da sich die betreffenden Schätze nun in Privatbesitz befinden, könnte der neue Besitzer die Bronzen möglicherweise auch an private Sammler verkaufen. Schließlich könnte er als derjenige, der offiziell die Rechte eines Eigentümers ausübt, frei darüber verfügen. Wird so das nigerianische Volk aufgrund der Gutgläubigkeit deutscher Politiker womöglich erneut um Symbole und Kunststücke seiner Historie gebracht? Doch nach aktueller politischer Lesart sind die Benin-Bronzen ja nicht weg, sie sind nur einfach woanders, als gedacht – und gehören jetzt alle einer fragwürdigen Königsfamilie…!

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