
Elektrofahrzeuge – sie sollen nach dem Willen der Altparteien bald Autos mit konventionellem Verbrennungsmotor vollständig ersetzen. Doch wenn es darum geht, bereits brav nach dem Willen der Politik angeschaffte E-Autos mit dem hierzu notwendigen Strom zu versorgen, tun sich für die stolzen Besitzer plötzlich so manche unerwartete Hürden auf.
Familie Tautermann aus Offenbach beschloss vor ein paar Monaten, ein E-Auto zu kaufen. „Wir wollen schließlich unseren Beitrag für eine sauberere und nachhaltigere Umwelt leisten“, begründet Swantje Tautermann ihre Entscheidung. Da ahnt das Ehepaar noch nicht, dass diese Anschaffung sie eine Menge Nerven kosten wird. Denn eine Möglichkeit, ihr neues Auto wie geplant zu Hause zu laden, haben sie bis heute nicht. Christoph Tautermann erklärt: „Die Stadt erlaubt uns nicht, ein Kabel während des Ladevorgangs vom Haus zu unserem Auto zu legen, weil das ja öffentlichen Grund berühren würde.“. Natürlich kann man ein Kabel nicht mal so eben für ein paar Stunden lose über einen Gehweg legen, hierdurch könnte ja auch Stolpergefahr für Passanten entstehen. Doch Familie Tautermann hat gegenüber den Behörden angegeben, das Ganze baulich zu lösen und wäre bereit, dafür auch richtig Geld in die Hand zu nehmen. Christoph Tautermann erklärt: „Wir hätten einen professionell verschraubten Kabelkanal bezahlt oder auch eine unterirdische Verlegung. Aber die haben das alles abperlen lassen.“ Bei der Straßenverkehrsbehörde hat man ihnen gesagt, dass es für ihr Anliegen gar keinen entsprechenden Antrag gibt. Eigene Stellplätze auf Privatgrund besitzen die Tautermanns nicht, da ihr Mehrfamilienhaus keinen Innenhof besitzt und direkt an den Bürgersteig grenzt. Dafür bezahlen sie aber auch seit Jahr und Tag der Stadt Geld für fünf vorgeschriebene Stellplätze im öffentlichen Raum. Sie fühlen sich jetzt von der Stadt Offenbach verhöhnt. Auch seitens der Politik kam bislang keine Hilfe für ihr Anliegen. Die Grünen hätten sich ihrer Sache erst gar nicht angenommen. „Einmal wurde ich sogar trotz eines ausgemachten Termins einfach versetzt“, ärgert er sich Christoph Tautermann. Auch in einem weiteren aktuellen Fall steht die Stadt Offenbach im Zentrum eines beispiellosen Streits um Elektromobilität. Diesmal geht es um zwei Ladesäulen, die der Offenbacher Boris Becker auf seinem privaten Grund am Buchrainweg installiert hatte. Der Offenbacher ist seit sechs Jahren überzeugter Elektromobilist und wollte mit seiner viele tausend Euro teuren Investition die Infrastruktur in Offenbach nach vorne bringen, in dem er seine eigenen Ladestationen auch anderen E-Fahrern zur Verfügung stellt. Doch nun will die Bauaufsicht den Mann dazu zwingen, die Ladestationen wieder abzubauen. Boris Becker: „Nicht mal mehr privat soll ich sie nutzen dürfen. Und das, obwohl Offenbach in Sachen Ladestationen eine Wüste ist.“ Tatsächlich ist die Stadt seit nunmehr zwei Jahren damit beschäftigt, ein Konzept zu entwickeln, um ein ausreichendes Angebot an Ladestationen zu schaffen. Bis heute liegt aber nicht mal das vor. Und auch im deutschlandweiten Versorgungsranking liegt Offenbach in Sachen Ladesäulen ganz hinten. Die offizielle Begründung der Stadt Offenbach zu dem Vorgang: „Wir halten diese Einrichtung für eine gewerbliche Nutzung, die mit einem reinen Wohngebiet vom Grundsatz her unverträglich ist.“ Das diene vorrangig dem Wohnen und der dortigen Wohnbevölkerung. „Dieser Zweckbestimmung des Baugebiets widerspricht der Eintrag von Fremdnutzungen.“ Erzielt werden solle eine „größtmögliche Störungsfreiheit und eine Widmung des Gebiets der Wohnruhe. Die öffentlichen E-Ladestationen widersprechen dem Gebietscharakter, stören das nachbarliche Austauschverhältnis und führen zu einer Verfremdung des Gebiets.“ Wer gedacht hat, dass man in Offenbach, einer Stadt in der seit längerem die Grün*innen mit in der Regierungskoalition sitzen und die bei der Landtagswahl 2018 gar mit dem Grünen-Politiker Tarek Al-Wazir das Direktmandat geholt hatte, mit Unterstützung für Elektromobilität an der richtigen Stelle sei, ist offensichtlich schief gewickelt. Was wieder einmal zeigt: In grünen Kreisen ist eigentlich auch die Elektromobilität nicht wirklich gewünscht – am liebsten wäre es diesen nämlich, die Bürger wären überhaupt nicht mehr mobil…!
