
Bestimmt haben auch Sie sich schon diese Frage gestellt: Wie genau entstehen eigentlich die Ergebnisse von Meinungsumfragen? Die Sendung „Stern TV“ lieferte hierzu jüngst ein prägnantes Beispiel. Thema: „Sind Sie für oder gegen eine Impfpflicht?“.
Bei Stern TV zeigt eine Publikumsumfrage, dass die überwiegende Mehrheit der Abstimmenden gegen die Impfpflicht ist. Der Moderator versucht daraufhin verzweifelt, das Ergebnis zu relativieren. Bei einer Diskussion um das Thema Impfpflicht wird während der Sendung ein Stimmungsbild unter den Zuschauern eingeholt – diese konnten im Netz abstimmen. In der Mitte der Sendung wird dieses Stimmungsbild dann zum ersten Mal gezeigt – es ist zwar nicht repräsentativ, aber immerhin 88.405 Menschen haben daran teilgenommen. Das Ergebnis: 39 Prozent sind dafür, 61 Prozent sind gegen die Impfpflicht. Das passt der Regie offenbar nicht in den Kram – der Co-Moderator jedenfalls weist sofort darauf hin, dass dies ja genau das Gegenteil der Umfragen sei, die man aus der Zeitung kenne. In den ersten acht Minuten der Abstimmung sei das Stimmungsbild außerdem genau andersherum gewesen, fügt er beschwichtigend hinzu. Schließlich ist die Lösung für das „Debakel“ gefunden: Rechte Manipulation im Netz ist schuld! Man habe festgestellt, dass hier „in der ein oder anderen Richtung“ versucht werde, aufzurufen, wie man abstimmen solle. Als Beweis wird der verpixelte Screenshot eines Posts eingeblendet, in dem aufgerufen wird, bei Stern TV gegen die Impfpflicht zu stimmen – der betreffende Tweet hat ganze 0 Likes und 0 Retweets und dürfte daher wohl kaum zu einer „Meinungsmache“ beigetragen haben. Danach wird gleich eine zweite Abstimmung eröffnet: Jetzt kann man nicht mehr nur mit Ja oder Nein abstimmen, sondern zwischen Impfpflicht für alle, Impfpflicht für über 50-Jährige und Gegen die Impfpflicht wählen. Am Ende der Sendung wird auch dieses Ergebnis präsentiert. Es stimmten immer noch 67.354 Zuschauer ab. Das Ergebnis: Jetzt sind sogar knapp 66 Prozent gegen die Impfpflicht, knapp 26 Prozent sind für die allgemeine Impfpflicht und gut 8 Prozent für eine Impfpflicht für Menschen über 50 Jahren. Doch auch dieses Stimmungsbild will man nicht stehen lassen. In einer offensichtlich per Hand vom Co-Moderator schnell zusammengeschusterten Excel-Säulengrafik wird ein letzter Manipulations- , äh Befreiungsschlag, versucht. Denn nun tauchen in der Auswertung nur noch diejenigen auf, die bereits in der ersten Abstimmung für die Impfpflicht gestimmt haben – und es wird gezeigt, wie diese nun beim zweiten Mal abgestimmt haben. Die Grafik zeigt nun, dass lediglich 14 von 4020 gegen die Impfpflicht waren. Der Co-Moderator beendet die Sendung darauf aufbauend mit den Worten: „Wir sehen, dass 41 Personen, die vorher bei der ersten Frage gesagt haben: Ja ich bin für eine Impfpflicht, jetzt zu Nein gewandert sind. Im Großen und Ganzen: Deutlich die meisten sagen, eine allgemeine Impfpflicht wäre die richtige, gerade mal rund 15 Prozent sagen: über 50-Jährige reicht.“. Nun endlich passt das Framing wieder und man kann den Schlafmichel beruhigt zur Nachtruhe schicken…!

Quelle: TICHYS EINBLICK