Zählweise kann Wert verfälschen – Inzidenz bei Geimpften und Ungeimpften: Daten aus Bayern stellen Rechnung in Frage

Quelle: FOCUS

Der Bayerische Ministerpräsident Markus Söder fordert nahezu im Minutentakt strengere Maßnahmen für Ungeimpfte. Denn diese seien es, die für die zunehmenden Inzidenzen hauptverantwortlich seien. Doch neue Recherchen zeigen: Die von Söder zugrundegelegten Statistiken sind teils grob verzerrt und entsprechen nicht den tatsächlichen Gegebenheiten.

Inzidenz von 1469 bei Ungeimpften zu einer Inzidenz von 110 bei vollständig Geimpften – der Inzidenzvergleich zwischen Geimpften und Ungeimpften Ende November im Bundesland Bayern sprach angeblich Bände. Doch nun wurde bekannt, dass die dem zugrundeliegende Zählweise diesen Wert zum Teil gravierend verfälschen kann. Ende November erregte Markus Söder mit einer Grafik Aufsehen: Die Inzidenz von Ungeimpften liege in Bayern bei 1469, bei Geimpften dagegen bei lediglich 110. „Es gibt einen direkten Zusammenhang von niedrigen Impfquoten und hohen Infektionsraten“, schrieb Söder dazu. Und appellierte: „Lassen Sie sich daher bitte impfen. Nur Impfen hilft.“ Nun wurde allerdings bekannt: Das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL), das die Corona-Daten in Bayern erfasst, kennt nach Recherchen von Medienvertretern offenbar meist gar nicht den Impfstatus der einzelnen Infizierten. Anstatt aber die Fälle mit einem unbekanntem Status herauszurechnen, werden sie ganz einfach den Ungeimpften zugerechnet. Die Schieflage dabei ist teils gravierend. So wurden laut einem Behördensprecher beispielsweise für die Woche vor dem 24. November insgesamt 81.782 Corona-Fälle gemeldet – 9641 Infizierte mit vollständigem Impfschutz, 14.652 ohne Impfschutz und 57.489 Infizierte mit Impfstatus „unbekannt“. Diese 57.489 Infizierten wurden dann aber laut LGL komplett der Gruppe der Ungeimpften zugerechnet – mit erheblichen Folgen für den Inzidenzwert für Ungeimpfte.

„Ich mach mir die Welt, widde widde wie sie mir gefällt“. Nach diesem Motto agiert offenbar der Bayerische Ministerpräsident, wenn er der Bevölkerung seine neuesten Horrormeldungen verkaufen und diese für seinen Vorstoß bezüglich einer allgemeinen Impfpflicht gefügig machen will.

Titelbild Quelle: Ysunvari, CC BY-SA 4.0 https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0, via Wikimedia Commons

Dargestellt werden die wöchentlichen COVID-19-Inzidenzen verschiedener Altersgruppen im Verhältnis zur wöchentlichen Inzidenz der Gesamtbevölkerung. Der besseren Lesbarkeit halber wird nur jede zweite Altersgruppe dargestellt, d.h. die Gruppen der 5-9-Jährigen, 15-19-Jährigen usw. wurden ausgelassen.Zusätzlich wird die 7-Tage-Inzidenz je 100.000 Einwohner der Altersgruppen bzw. der Gesamtbevölkerung als Höhenliniendiagramm dargestellt. Hierdurch wird ein Höhenprofil beschrieben, an dem sich ablesen lässt, wann eine der Kurven (farbig bzw. schwarz) eine bestimmte Höhe erreicht, welche dann die 7-Tage-Inzidenz der zugehörigen Gruppe zu diesem Zeitpunkt widerspiegelt.Die dargestellten Verhältnisse ergeben sich aus dem Quotienten (Inzidenz der Altersgruppe)/(Inzidenz der Gesamtbevölkerung), welcher aus den vom RKI veröffentlichten Daten zur Altersverteilung der Inzidenzen berechnet wurde.
Datum: 28. August 2021
Quelle Daten: Altersverteilung Robert-Koch-Institut, https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Daten/Altersverteilung.xlsx

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