Kann eine Partei die Bundesrepublik Deutschland federführend regieren, in der namhafte Vertreter offenbar in derlei Finanzskandale verwickelt sind? Kann ein Kanzlerkandidat zum künftigen Kanzler werden, wenn die Veröffentlichung wichtiger Protokolle zur Frage seiner möglichen Beteiligung an dieser Affäre durch ein ihm seit Jahren unterstelltes Ministerium mit fragwürdigen Ausflüchten verhindert werden?
Die Staatsanwaltschaft sucht nach Beweisen, warum die Warburg-Bank illegale Steuererstattungen zunächst behalten durfte. Für den SPD-Wahlsieger Olaf Scholz könnte es eng werden. Wie viel wusste Olaf Scholz? Hatten der Hamburger Senat und führende SPD-Politiker Druck auf das dortige Finanzamt ausgeübt, damit der alteingesessenen Warburg-Bank 47 Millionen Euro Steuern aus Cum-Ex-Steuertricks erlassen wurden? Diese Fragen konnten bisher nicht zweifelsfrei geklärt werden. Nun hat die Staatsanwaltschaft in dieser Woche Büros in der dortigen Finanzbehörde und in Wohnräumen durchsucht. Damit eskalieren die Ermittlungen, die sich letztlich vor allem darum drehen, ob Olaf Scholz in seiner Zeit als Erster Bürgermeister der Hansestadt Einfluss in dieser Angelegenheit genommen hat. Bislang konnte Olaf Scholz trotz mehrerer persönlicher Treffen mit dem einstigen Warburg-Banker Christian Olearius keine Verwicklung nachgewiesen werden. Sollte nun aber doch noch eine Einflussnahme zu Tage kommen, könnte das Scholz die Kanzlerschaft kosten. Die Razzia richtete sich zum einen gegen den SPD-Politiker Johannes Kahrs, der früher haushaltspolitischer Sprecher und bis zu seinem plötzlichen Ausscheiden aus dem Bundestag 2020 einer der mächtigsten Sozialdemokraten war. Zum anderen gilt das Augenmerk offenbar einer Finanzbeamtin, die direkt mit dem Steuerbescheid für die Warburg-Bank zu tun hatte. Schließlich ist auch ein früherer Senator und SPD-Strippenzieher der Hansestadt betroffen. Es geht bei den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Köln, die mehrere Cum-Ex-Verfahren mit bundesweiten Verästelungen bearbeitet, um den Anfangsverdacht der Begünstigung. Daneben bemüht sich auch ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss in Hamburg, Licht ins Dunkel der Affäre zu bringen. Und selbst der Bundestag hat sich in der abgelaufenen Legislaturperiode mit dem Hamburg Steuerskandal befasst – wobei der Finanzausschuss in den vergangenen beiden Wochen heftig mit dem von Olaf Scholz geführten Bundesfinanzministerium um die Frage stritt, ob ein Sitzungsprotokoll mit einer Befragung von Finanzminister Scholz im Juli 2020 öffentlich gemacht werden darf. Das Ministerium hat eine Veröffentlichung des Protokolls bislang mit fragwürdigen Ausflüchten verhindert. Immerhin bestätigte das Bundesfinanzministerium vor einigen Wochen aufgrund einer parlamentarischen Anfrage, dass der Scholz-Vertraute Johannes Kahrs beispielsweise zusammen mit dem Warburg-Banker Olearius im Finanzministerium mit Scholz‘ Staatssekretär Jörg Kukies frühstückte. Besonders delikat ist dabei, dass Kahrs für die Hamburger SPD auch eine Parteispende bei Olearius einwarb. Diese Spende hat die SPD offenkundig bisher nicht zurücküberwiesen.
Der Name SPD stand ursprünglich für „sozialdemokratisch“. Doch von diesem Gründungsgedanken hat sich die einstige „Partei der kleinen Leute“ schon meilenweit entfernt. Wie sonst könnte es sein, dass namhafte Vertreter dieser Partei offenbar dafür gesorgt haben, dass einer Bank zulasten des deutschen Steuerzahlers und „kleinen Mannes“ eine riesige Summe Steuern aus hochspekulativen Finanzgeschäften und mehr als fragwürdigen Steuertricks einfach so erlassen wurde? Und man sich dann – im „Gegenzug“? – in dieser Partei mit Spenden ebenjener mehr als unseriös agierenden Bank „belohnen“ ließ? Die Gründungsväter dieser Partei würden sich bei dem Gedanken an einen solchen Verrat am Bürger wohl im Grabe umdrehen. Und der bei der aktuellen Wahl erfolgte Aufschwung der SPD läßt sich wohl nur damit erklären, dass die vollständige Aufklärung dieses Skandals bislang durch das von SPD-Finanzminister Olaf Scholz geführte Bundesfinanzministerium mit diversen Taschenspielertricks verhindert wurde. Der Wähler wurde dann mit einlullenden Wahlslogans wie „Kompetenz (?) für Deutschland“, „Respekt (?) für Dich“ und diversen hoffnungsvollen Aussagen zu sozialen Themen und zum „Schutz des kleinen Mannes“ in die Irre geführt. Doch wer genau hat denn eigentlich dem „kleinen Mann“ in den zurückliegenden Jahrzehnten die Existenz geraubt? War es nicht gerade die SPD unter Kanzler Schröder, die eine Verschlechterung der Sozialleistungen zu Hartz IV eingeführt hat? Und die teils entwürdigenden Arbeitsverhältnisse für Leiharbeitnehmer? Und wer genau hat denn in den zurückliegenden Jahren die Finanzpolitik maßgeblich gesteuert und das Bundesfinanzministerium geleitet? Die sogenannte „sozialdemokratische“ Partei Deutschlands. Und ausgerechnet diese will es nun für den „kleinen Mann“ besser machen? Da hätte man ja am Ende gleich den Bock zum Gärtner wählen können!
Quelle: WIRTSCHAFTSWOCHE
Titelbild Quelle: Karte mit Ländern, die vom CUM-EX Betrug betroffen sind – Premeditated, Public domain, via Wikimedia Commons