Um Black-Out zu verhindern: Erstes Land dreht E-Autos nun den Strom ab

Stellen Sie sich vor, Sie fahren mit Ihrem Benziner oder Diesel zur Tankstelle, führen den Stutzen ein – und der Sprit aus der Zapfsäule versiegt nach ein paar Tropfen. Der Tankwart zuckt bedauernd mit den Schultern. Um diese Uhrzeit kämen bundesweit schlicht zu viele Autofahrer zum Tanken. Ggf. wäre später im Zeitfenster von/bis wieder genug Sprit vorhanden. Vorausgenommen, es kämen bis dahin nicht zu viele LKW, die vorrangig bedient werden müssten. Was sich wie ein Aprilscherz liest, wird für PKW-Besitzer in Großbritannien nun zur bitteren Realität – allerdings bezogen auf Elektrofahrzeuge. Denn dort wird den Fahrern zu bestimmten Zeiten schlicht zuhause der Strom verweigert – um einen Blackout zu verhindern.

Im Vereinigten Königreich wird für E-Autos bald zu Hochlastzeiten der Zugang zum Stromnetz gekappt. Damit möchte man verhindern, dass zu Stoßzeiten das Netz überlastet wird. Für mehrere Stunden können die Autos der Bürger dann nur noch an öffentlichen Ladesäulen und Schnellladern geladen werden. Wer ab Mai 2022 im UK morgens zwischen acht und elf Uhr sein Auto an die hauseigene Ladesäule ansteckt, staunt nicht schlecht. Denn laut einem Bericht der englischen Tageszeitung Times plant die britische Regierung, für Stoßzeiten private Ladesäulen vom Netz zu nehmen, um einen System-Blackout zu verhindern. Die nötige gesetzliche Grundlage dafür sei bereits geschaffen und tritt ab Mai kommenden Jahres in Kraft. Davon betroffen sind alle Ladesäulen, die nicht zu den öffentlichen Ladern zählen, an Autobahnen und “A-Roads” stehen oder Schnelllader sind. Dort kann man zwischen acht und elf am Morgen und vier und zehn am Abend wie gewohnt weiterhin laden. Zusätzlich nimmt sich die Regierung allerdings sogenannte “randomised delays” heraus. Damit kann dann in überlasteten Gebieten für eine halbe Stunde die Stromzufuhr auch an den öffentlichen Ladesäulen unterbrochen und im Anschluss automatisch wiederhergestellt werden.

Die Elektromobilität soll die Mobilität der nahen Zukunft sein. Doch im Gegensatz zu konventionellen Kraftstoffen lässt sich Strom bislang nicht in größerem Umfang lagern bzw. speichern. Der derzeitige Speicher in Form eines Akkus im Elektroauto hat in der Regel eine deutlich niedrigere Speicherkapazität als ein gängiger Tank eines PKW für Benzin oder Diesel, die damit verfügbare Reichweite ist damit erkennbar geringer als die eines KFZ mit einem konventionellen Motor. Wer also sein Fahrzeug nicht nur für relativ kurze Fahrten im näheren Wohnumfeld benötigt, ist auf regelmäßiges – und zuverlässiges – Aufladen angewiesen. Das öffentlich verfügbare Netz an entsprechenden Ladesäulen ist überschaubar und würde nicht für alle Elektrofahrzeuge eine flächendeckende Lademöglichkeit zur Verfügung stellen, so dass die Masse der derzeitigen Besitzer von Elektroautos ihr Fahrzeug häufig sozusagen zuhause „auftankt“ – an der heimischen Steckdose bzw. sogenannten Wallbox zuhause. Doch was, wenn hier der Strom nur noch zu bestimmten Zeiten für den Ladevorgang zur Verfügung steht? Dass es künftig bei steigender Zahl von Elektrofahrzeugen quasi für alle ausreichend öffentliche Ladesäulen geben wird, wäre eine logistische Herausforderung. Schließlich dauert ein solcher Ladevorgang deutlich länger als das Auftanken von flüssigem Kraftstoff, so dass die Fahrzeuge nicht mal nur eben kurz für ein paar Minuten am Stromkabel hängen, wenn sie Energie für eine weitere Fahrt benötigen. Und wenn sich dann der Stromversorger wie in Großbritannien auch noch vorbehält, auch die öffentlichen Ladesäulen bei Stromknappheit zumindest vorübergehend abzuschalten, dann wird das für den Kunden zunehmend unkalkulierbar. Bei einer privaten Fahrt zu einem Ausflug oder in den Urlaub wäre eine solche ungeplante Verzögerung beim Aufladen wohl einfach nur ärgerlich, doch bei Fahrten zu beruflichen oder offiziellen Terminen käme man da leicht ins Schleudern, wenn man dann irgendwo auf der Strecke festsitzt.

Quelle: CHIP

Titelbild Quelle: J. Hammerschmidt, CC BY-SA 3.0 https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0, via Wikimedia Commons


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